Neu, ab 3.7.21 in 23683 SCHARBEUTZ; Aufenthalt an der Ostsee
Heute: Eiscafés am Ostseeplatz:
Eiscafé bei Mario, Strandallee 140 gegen Eiscafé Da Renzo, Strandallee138
Heute bin ich zum dritten Mal unterwegs, die ersten zwei Male war ich bei Mario, wo ich das gesamte Personal kennen gelernt habe. Ich habe dort einen Kurden aus Lübeck kennengelernt, er heißt Heresch, ist Deutscher, lebt in Lübeck, wo er auch geboren ist. Sein Hausname ist L.
Kurdistan erstreckt sich über 4 Staaten: Syrien, Türkei, Iran und Irak. In drei Staaten werden die Kurden verfolgt, nur im Nord-Iran haben sie einen Sonderstatus, die Kinder lernen dort Kurdisch. Es ist wie damals in Süd-Tirol, das gehörte auch politisch zu Italien, doch die Menschen waren Deutsche bzw. Österreicher und haben für ihre Freiheit gekämpft. Mit Waffen und Gewalt, bis es zum Sonderstatus Südtirol kam. Es gab zwei Sprachen, in den Schulen wurde Deutsch gelehrt und alle Ortsbezeichnungen wurden auf den Schildern in Deutsch und Italienisch angezeigt. Noch heute ist dies so.
Dann gibt es noch Toni und seine Frau Reina aus Bulgarien.
Heute war ich zum 3. Mal unterwegs und dieses Mal bin ich zu Renzo Gava gegangen, ich wollte den Vergleich.
Auch hier war die Bedienung freundlich und zuvorkommend. Wow; Die Karte ist sehenswert. Positiv, wie negativ. Negativ fiel mir auf, dass sehr viel reglementiert wird, deutlich wird darauf hingewiesen, dass der Außenverkauf wegen der 7-prozentigen MWST billiger sei, als bei der 19-prozentigen im Lokal an den Tischen. Mich stört auch das Schild, dass ich „die Toilette so verlassen soll, wie ich sie vorzufinden möchte“. Da ich mich auch ohne solche Belehrungen benehmen kann, stößt mir das Schild auf.
Doch später bei Mario begreife ich, was Renzo meint, denn es sind die „lieben Gäste“, die das Papier auf den Boden geworfen und den Toilettentopf nicht gereinigt haben. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Marios Toiletten selber sehr in die Jahre gekommen sind. Da wackeln die Klinken, sind die Türen ramponiert usw.
Unter dem Strich: Ein klares Plus für Renzo, das WC ist neu und strahlt klinische Reinheit aus.
Zum Rest der Karte: Wunderschöne Fotos machen Appetit auf die schönsten Eis-Becher. Damit werden alle Sinne angesprochen. Aber auch der Geldbeutel gekitzelt. und wenn der bestellte Becher an den Tisch kommt ist es ein Erlebnis und ein Vergnügen für die Sinne, denn das sind wirkliche Becher.
Bei Mario hingegen steht zwar „Becher“ in der Karte, das Eis wird aber relativ herz- und fantasielos auf Tellern serviert.
Eindeutiges Plus für Renzo. Die Sinne werden von seinen Kreationen so sehr verwöhnt, dass man den etwas höheren Preis gerne bezahlt.
11.7.2021: Der zweite Besuch bei Renzo bringt mir die Erkenntnis, dass Mario überhaupt kein Italiener ist. Denn Renzo ist das einzige Italienische Eiscafé am Ort., seit 43 Jahren. Oh, ich hatte sowas schon geahnt, weil bei Mario auf den Kassenbons steht, dass man bedient wurde von Ralph von Warburg. Was ich eh sehr unglücklich empfand, war mein Kellner doch Heresch, der Deutsche mit Kroatischen Wurzeln. Na, und die Geschäftsinhaber sind Brüder, da gibt’s noch den Mario von Warburg. Der, soviel sei verraten, ein ganz hervorragendes Eis mit Lakritz Geschmack erstellt hat. Oh ja, davon versteht er was. Nur alles wird so nüchtern „verkauft“, es fehlt jegliches Flair.
Heute bei Renzo will ich es wissen. Sehr gut ist nämlich auch, dass neben der Eis Karte noch kleine Gerichte und Desserts angeboten werden. Ich schwanke noch zwischen einem Flammkuchen und einem Dessert, ein Tiramisu geht als Sieger durchs Ziel. Hatte ich beim ersten Besuch ein Nusseiscreme, was ähnlich gut schmeckte wie bei Mario, so bin ich heute einfach hingerissen. Wow, was ist das? Spitzenküche!
Ich komme mit Renzo ins Gespräch und erkläre ihm, dass nur meine Frau ein noch besseres Tiramisu zubereiten kann. Er ist nicht erstaunt, sondern meint, dass sie dann das Tiramisu wohl mit Alkohol bereiteten würde. Worauf er verzichtet, weil manche Gäste keinen Alkohol wünschen. Trotzdem, in dieses Dessert könnte ich mich reinlegen.
Wo Mario sein Personal weitgehend aus Bulgaren und Kroaten rekurriert, sind es bei Renzo Brasilianer. Die aber sehr schlecht deutsch sprechen und auch hören. Zudem verfälschen die Masken vor dem Gesicht die gesprochenen Worte. Am Nachbartisch führt dies zu einem Missverständnis. Die Bedienung serviert einen Cappuccino, der wohl gar nicht bestellt war. Zwar möchte der Mann ihn haben, doch herrisch geht seine Frau dazwischen und lehnt ihn ab. Da ich ohnehin einen zweiten Kaffee wollte, übernehme ich ihn. Es ist ein „Capu“ mit aufgeschäumter Milch.
Wow, selten zuvor hatte ich etwas Besseres.
Oh, die Vorteile von Renzo sind ganz offenkundig. Er hat die Nase ganz weit vorne. Dagegen verblasst alles von Mario zum Handwerk, was bei Renzo Kunst ist.
15.7.2021: Ich muss den Aufenthalt in Scharbeutz um zwei Tage verkürzen, denn daheim sind Keller überschwemmt von den gewaltigen Unwettern dieser Tage. Nun hat es auch Harpen erwischt. Mein Weg führt noch mal in die beiden Eiscafés, wo ich mich verabschieden möchte. Denn zum Personal habe ich intensive Kontakte geknüpft.
Doch ich habe Pech, Heresch hat heute seinen freien Tag. Und einen Cappuccino kann ich bei Mario auch nicht erhalten, weil der Milchschäumer defekt ist. Pech gehabt. Ich esse mein Haselnuss Eis im Hörnchen, was mit Reina serviert, es ist mal wieder sehr gut. Auf der Toilette auch heute ein Schlachtfeld, angerichtet von Gästen, doch animiert durch die Umgebung selbst.
Den Cappuccino bestelle ich also bei Renzo und weil ich kein Risiko mehr möchte noch einmal das Tiramisu und bitte darum, dass mir dies vom “Meister“ selber serviert wird. Der sich damit etwas schwer tut und mir erklärt, dass er eigentlich nicht mehr bedient, es sei denn, dass es einer seiner Stammgäste ist, zu denen er eine besondere Beziehung pflegt.
Oh, ich möchte sein Freund werden, denn das Tiramisu ist heute noch besser als gestern, weil es offensichtlich auf Kaffee angerichtet wurde. Ja, jetzt fehlt nur noch der Schuss Amaretto und S ist übertroffen.
Renzo verkauft auch Weine. Ich bitte ihn noch die Korken für mich zu sammeln, bis ich am 1. September wieder komme. Er will dies machen, verweist aber darauf, dass er in diesem Segment wenig Umsatz macht.
Glücklich ziehe ich von dannen, nun lockt die Heimat, ich will in die Nacht hineinfahren.
Fazit: Das Rennen geht eindeutig zu Renzo, in fast allen Bereichen hat er die Nase um Längen vorn. Dies rechtfertigt auch die etwas höheren Preise. Einziger Wermutstropfen sind seine Reglementierungen, dies sollte er lässiger sehen.
Um seinen „Weinumsatz“ zu steigern empfehle ich ihm, seinen Tages-Gästen einen Gutschein auszustellen mit einem kleinen Betrag, den sie am Abend beim italienischen Wein in Zahlung geben können. Noch etwas Kerzenbeleuchtung und ein paar Italienische Klänge, dann ist das Glück der meisten Gäste komplett und er hat sein Lokal bis tief in die Nacht ausgelastet. (Und ich kriege viele Korken.)
Den Brüdern von Warburg empfehle ich dringend mal ihren Auftritt zu beleuchten und kritisch zu sehen. Ihr Angebot ist nämlich eigentlich gar nicht schlecht, aber sie sehen nur noch bis zum Tellerrand und nicht mehr darüber hinaus. Eine dringende Renovierung ist nicht nur bei den Toilettenanlagen, sondern auch bei der Präsentation ihrer Kreationen erforderlich.
Wenn ihnen dies gelingt können beide weiterhin nebeneinander bestehen und mit dem Abendgeschäft den großen Ketten wie Gosch die Stirne bieten. Was für die Urlauber und Scharbeutz nur gut sein kann.
Doch Renzo war sooo sehr gut, dass er sich einen goldenen Her-bert verdient hat.
Scharbeutz, 17. Juli 2021
Herbert Paschhoff; Aktionskünstler und Restaurantkritiker